In seinem neuen Leistungskostengutachten für den ÖPNV in Baden-Württemberg hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) eine realistische Finanzierungs- und Entwicklungsprognose bis 2040 vorgelegt, in dem ein Fokus auch auf der Bedeutung von Bus und Bahn für den Wirtschaftsstandort liegt. Für Unternehmen, Pendler, Auszubildende und Studierende „ist eine verlässliche öffentliche Mobilität entscheidend – gerade im industriestarken Bundesland Baden-Württemberg“, so der VDV. Doch der ÖPNV stehe unter Druck. „Steigende Betriebskosten, Investitionsstau bei der Infrastrukturmodernisierung und demografische Veränderungen treffen Verkehrsunternehmen und Kommunen gleichermaßen.“
Zwei Szenarien für den ÖPNV in Baden-Württemberg
Wie bei den bisherigen VDV-Gutachten auch, werden für Baden-Württemberg zwei Szenarien durchgespielt: Im Szenario „Modernisierung 2040“ wird das heutige System grundlegend erneuert. Im Szenario „Deutschlandangebot 2040“ erfolgt darüber hinaus ein gezielter Angebotsausbau: Taktverdichtungen bei Bussen und Bahnen, On-Demand-Verkehre für strukturschwächere Räume, zusätzliche Kapazitäten in den Ballungsräumen und durchgängiger Deutschlandtakt im Schienenverkehr.
Landesmittel in Höhe von 10,82 Milliarden Euro
In Baden-Württemberg steigt im Szenario „Modernisierung 2040“ das ÖPNV-Angebot trotz des Fokus auf Bestandssicherung, bereits um fünf Prozent, die Nachfrage um zehn Prozent. Der dafür notwendige jährliche Finanzierungsbedarf steigt von aktuell circa 3,6 Milliarden Euro auf 6,67 Milliarden Euro im Jahr 2040. Dafür sind laut Gutachten jährlich Landesmittel in Höhe von 10,82 Milliarden Euro nötig. Im Szenario „Deutschlandangebot 2040“ steigt die ÖPNV-Nachfrage steigt um 38 Prozent, die durchschnittliche Angebotsqualität verbessert sich von Schulnote 3,6 auf 2,4 und strukturschwache Regionen werden besser angebunden, was die Erreichbarkeit und damit die lokale Wirtschaft stärkt. Dafür sind jährlich Landesmittel in Höhe von 10,82 Milliarden Euro nötig.
Pendler würden profitieren
In diesem Szenario „Deutschlandangebot 2040“ profitieren vor allem Mittelzentren und Ballungsräume mit einem hohem Anteil an Pendlern, so der VDV. Die verbesserten Anschlüsse im Regional- und Busverkehr schaffen zusätzliche Potenziale für Pendlermobilität. Die zusätzlichen Mittel des Landes in den ÖPNV wären also gut investiert. Denn allein durch die Inflation, also die allgemeine jährliche Kostensteigerung, ergibt sich bis 2040 ein Mehrbedarf von über 1,3 Milliarden Euro jährlich. Ohne, dass damit zusätzliche Verbesserungen im ÖPNV möglich wären. „Gerade in Baden-Württemberg ist der öffentliche Nahverkehr ein entscheidender Standortfaktor“, sagte Alexander Pischon, Vorsitzender der VDV-Landesgruppe. „Wenn wir auch künftig attraktiv für gut ausgebildete Fachkräfte sein wollen, müssen wir landesweit für verlässliche Mobilität sorgen – nicht nur in den Großstädten, sondern auch im ländlichen Raum.“
Der ÖPNV als Argument für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort
Alexander Möller, Geschäftsführer ÖPNV beim VDV, ergänzte: „ÖPNV ist mehr als Daseinsvorsorge – er ist ein Argument für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort. Unser Gutachten zeigt: Mit klaren politischen Entscheidungen kann Baden-Württemberg bis 2040 ein leistungsfähiges Verkehrsnetz weiterentwickeln und das ÖPNV-Angebot weiter ausbauen.“ Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag einen ÖPNV-Modernisierungspakt beschlossen. Jetzt seien Bund, Länder und Kommunen gefragt, gemeinsam die nötigen Weichen zu stellen, so der VDV: „Mit Planungssicherheit, gezielten Investitionen und einem langfristig angelegten ÖPNV-Modernisierungspakt.“