Die Busbranche wird zu 80 Prozent aus Brüssel und Straßburg reguliert. Aus diesem Grund veranstaltet der WBO regelmäßig einen Europatag, um mit EU-Parlamentariern die Probleme der Branche zu diskutieren. In diesem Jahr fand er pandemiebedingt zum ersten Mal virtuell statt, schreibt der WBO in einer Pressemitteilung. Aus dem EU-Parlament nahmen dieses Mal Anna Deparnay-GrunenbergMdEP und Ismail ErtugMdEP teil.
In normalen Zeiten wäre der Abschluss des Mobilitätspaketes Teil ein im Juli ein vielbeachtetes Thema gewesen, berichtet der WBO. Denn in den drei Jahren zuvor wurde ein heftiger Ost-West-Konflikt über die Markt- und Sozialbedingungen beim Güterverkehr ausgetragen. Die Regeln für den Busverkehr wurden jedoch – anders als zunächst befürchtet – nicht weiter zum Nachteil verändert worden.
Vielmehr plagen die Bustouristik derzeit existenzielle Sorgen. Die Pandemie wird bis mindestens Frühjahr 2021 die Räder stillstehen lassen, wagte der WBO während des Europatages einen Ausblick in die nähere Zukunft. Planungssicherheit gebe es nicht. Trotzdem wird und muss es Busreisen auch nach der Krise geben, zeigte sich der WBO überzeugt.
Der für die Bustouristik wesentliche Punkt bei den Sozialvorschriften für das Fahrpersonal (nämlich passgenauere Regelungen bei den Lenk- und Ruhezeiten) wurde im Verfahren bewusst ausgeklammert. Das werde nun im Rahmen einer „Bus-Revisionsklausel“ von der EU-Kommission in einem speziellen Verfahren aufgegriffen. Diese Folgenabschätzung von Regelungen für Reisebusse startet zu Beginn des kommenden Jahres und sollte in ein eigenes Gesetzgebungsverfahren münden. Die Chancen eines solchen Gesetzgebungsverfahrens schätzt Ismail Ertug MdEP folgendermaßen ein: „Wir müssen sehen, was die Europäische Kommission am Ende vorlegen wird. Aber solange eine Flexibilisierung nicht auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer geht und wir als europäische Gesetzgebung der Busbranche eine einfachere Planung ihrer Fahrten ermöglichen können, sehe ich keinen Grund, warum die angekündigte Gesetzesinitiative nicht erfolgreich sein sollte.“
Über die Bedeutung der Wegekostenrichtlinie erklärt Anna Deparnay-Grunenberg MdEP: „Die Wegekostenrichtlinie entspricht nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit und gehört modernisiert. Eine streckenbasierte Gebührenerhebung am Verursacherprinzip ist bspw. gerechter. Es ist ebenso wichtig, dass einheitliche Regeln zu Anwendung kommen, wenn sich ein Mitgliedsland dazu entscheidet, eine Maut zu erheben. Zu diesen Punkten hat sich das Europäische Parlament im Jahr 2018 klar positioniert. Leider warten wir bis heute auf die sogenannte allgemeine Ausrichtung der Mitgliedsländer. Deshalb konnten bis heute keine finalen Verhandlungen zwischen den Institutionen aufgenommen werden.“
Das Verfahren um die EU-Verordnung 1073 sei außerdem vorerst ins Stocken geraten. Die von der EU-Kommission angestrebte Abschaffung des EU-Fahrtenblatts komme somit nicht voran. „Durchschlag auf Kohlepapier – das kann im Jahr 2020 nicht der Weg der Digitalisierung in der EU sein“, kommentiert der WBO-Vorsitzende Klaus Sedelmeier. Und weiter: „Kabotage beim Bus wird bald genauso wie beim LKW mit dem neuen Smart Tacho kontrolliert. Das überflüssige EU-Fahrtenblatt muss dann endlich abgeschafft sein“.