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Reiserecht: Veranstalter muss nicht auf Reisepasspflicht hinweisen

08.08.2023 11:09 Uhr | Lesezeit: 4 min
Reisepass_Touristik
Ein Reisepass und dessen Gültigkeit seien für eine Reise eine Selbstverständlichkeit, so das Gericht
© Foto: Thomas Burgert

Im Streit um Schadensersatzansprüche hat das Amtsgericht München erklärt, dass keine Hinweispflicht des Veranstalters auf die Notwendigkeit eines Reisepasses für Auslandsreisen existiert.

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Als Reisveranstalter ist man nicht dazu verpflichtet, die Kunden darauf hinzuweisen, dass für eine Reise ins Ausland ein gültiger Reisepass benötigt wird, so ein Urteil des Amtsgerichts München. Der Hinweis auf die Notwendigkeit des „Vorhandenseins“ eines (gültigen) Reisepasses sei nicht notwendig, da es sich um „eine Selbstverständlichkeit“ handele, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung (Urteil des Amtsgerichts München vom 12.7.2023/Aktenzeichen: 171 C 3319/23).

Im vorliegenden hatte ein Kunde bei dem beklagten Reiseunternehmen zum Preis von 2200 Euro eine einwöchige Pauschalreise für sich und eine Mitreisende im November 2022 nach Dubai gebucht. Mangels gültigen Reisepasses konnte der Kunde die Reise nicht antreten und forderte das Reiseunternehmen zur Rückzahlung des Reisepreises auf. Der Kläger begründete dies damit, dass er durch das Reisebüro nicht explizit über Pass- und Visumserfordernisse oder Fristen zur Erlangung entsprechender Dokumente informiert worden sei.

Das Amtsgericht München wies die Klage auf Schadensersatz mangels Verletzung von Informationspflichten und sah keine Verletzung von Informationspflichten. Die besonderen Gewährleistungsrechte des Reisevertragsrechts seien zwar mit Abschluss des Vertrags anwendbar. Es bestehe „jedoch schon keine Informationspflicht der Beklagten als Reiseveranstalter über das Erfordernis des ‚Vorhandenseins‘ eines (gültigen) Reisepasses“, so das Gericht.

Reiserechtliche Informationspflichten des Veranstalters

In Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB findet sich die explizite Regelung einer vorvertraglichen Unterrichtungspflicht, wonach der Reiseveranstalter den Reisenden über „allgemeine Pass- und Visumserfordernisse des Bestimmungslandes“, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa informieren muss. Sei der Hinweis hinreichend und rechtzeitig gegeben, müsse „wiederum der Reisende entsprechend seiner Mitwirkungspflicht die erforderlichen Dokumente vorhalten“. Dies ergebe sich insbesondere aus den hinter Art. 250 § 3EGBGB stehenden „teleologischen Erwägungen“.

Demnach sollen die den Reiseveranstalter treffenden Informationspflichten den Reisenden auf Umstände hinweisen, die ihm möglicherweise unbekannt sind, weil dieser mit der Reise gerade auch unbekanntes Terrain erkunden möchte. Der Reiseveranstalter habe die „hierfür erforderliche Organisation übernommen und somit ein Informationsgefälle gegenüber dem Reisenden auszugleichen“. Mit den reiserechtlichen Informationspflichten soll der Reisekunde deshalb vornehmlich über Umstände informiert werden, die „ihm unbekannte Gegebenheiten am Reiseziel sowie den Transport dorthin betreffen und für das Gelingen der Reise erforderlich sind, wozu auch aufenthaltsrechtliche Bestimmungen gehören, ohne deren Beachtung der Reisende das Reiseziel nicht betreten darf“.

Die Pflicht zur Information über allgemeine Pass- und Visumerfordernisse beziehe sich allerdings allein auf solche Erfordernisse, die sich aus dem Reise- oder Transitland ergeben, das der Reisende betreten möchte. Das Amtsgericht bezog sich in seiner Begründung auch auf ein Urteil des BGH vom 20.5.2014 (X ZR 134/13 – Rn. 12 f., NJW 2014) wonach die „Gültigkeit“ eines Reisepasses für eine Reise eine Selbstverständlichkeit darstelle und „kein sich aus dem Reiseland selbst ergebendes Erfordernis“ sei, auf das der Reisende hinzuweisen ist.

Die Gültigkeit betreffe vielmehr nationale Vorschriften, die der Reisende einzuhalten hat. Die Annahme einer solchen Selbstverständlichkeit muss daher erst recht für das „Vorhandensein“ eines Reisepasses gelten.

Notwendigkeit von Reisedokumenten ist offenkundig

Der Umstand, dass ein Reisedokument benötigt wird, sei nicht allein reiseerfahrenen Touristen bekannt und für solche offenkundig. Schon die allgemeine Lebenserfahrung lasse durch den Begriff „Reise“-Pass darauf schließen, dass ein entsprechendes Dokument grundsätzlich für Reisen erforderlich ist. Auch inländische Bestimmungen zeugen davon, dass sich die Notwendigkeit des Vorhandenseins eines Reisepasses nicht erst aus den Erfordernissen des Reiselandes – hier den Vereinigten Arabischen Emiraten – ergibt, sondern vielmehr aus nationalen Bestimmungen.

Etwas anderes könne sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass innerhalb der Europäischen Union zur Gewährleistung der Freizügigkeit von Unionsbürgern die Besonderheit gilt, die das Vorhandensein eines Personalausweises für Reisen innerhalb der EU-Grenzen ausreichen lässt. Die Freizügigkeit stelle eine unionsrechtliche Ausnahme für Reisen, nicht die Regel dar, so das Amtsgericht München. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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