„Der Schutz der Natur schließt eine ökonomische Entwicklung der Region nicht aus“, fasste Hubert Job von der Universität Würzburg die Ergebnisse einer Studie im Auftrag der Nationalparkstiftung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zusammen. Für die Studie hatten Job und sei Team von Mai 2021 bis April 2022 mehr als 21.500 Touristen an 14 verschiedenen Standorten in der Nationalparkregion befragt. Die Daten seien „massiv belastbar“, betonte Job daher bei der Vorstellung der Studienergebnisse.
Demnach ist der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer einer der meistbesuchten im Vergleich aller 16 Nationalparks in Deutschland. Innerhalb von zwölf Monaten zwischen Frühjahr 2021 und Frühjahr 2022 zählten die Würzburger Forscher rund 21,43 Millionen Besuchstage im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Nur das niedersächsische Pendant zählte bei der dortigen Untersuchung 2019/20 demnach mehr Besuchstage (21,7 Millionen).
Im Zeitvergleich zwischen der vorherigen Untersuchung aus dem Jahr 2012/13 und der aktuellen Studie stiegen die Besuchstage den Angaben zufolge in schleswig-holsteinischen Wattenmeer um 15,0 Prozent an. Die Besuchstage ergeben sich aus den Tages- und den Übernachtungsgästen.
Fast jeder fünfte Gast kommt wegen des Nationalparks
Der Studie zufolge sind 76,3 Prozent der Besucher des Nationalparks Übernachtungsgäste und 23,7 Prozent Tagesgäste. Und: „Fast jeder Fünfte (18,2 Prozent) kommt wegen des Nationalparks“, sagte Job.
Die touristische Wertschöpfung beziffern die Autoren der Studie im Jahr 2021/22 auf 826 Millionen Euro. Davon entfallen 155 Millionen Euro auf die 18,2 Prozent Nationalparktouristen im engeren Sinn. Das sind diejenigen, die nicht nur um den besonderen Schutz als Nationalpark/Weltnaturerbe wissen, sondern dem Schutzgebiet zudem eine sehr große oder große Rolle bei ihrer Reiseentscheidung beigemessen haben. 2012/13 waren es 17,1 Prozent.
Der Leiter des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sagte, der Nationalpark nehme eine bedeutende Stellung ein. „Ein Nationalpark steht nicht im Gegensatz zu ökonomischen Interessen“, betonte er auch mit Blick auf die Diskussion im Osten des Landes.
Nationalpark für die Ostsee wird diskutiert
In Schleswig-Holstein wird seit rund einem Jahr über einen Nationalpark Ostsee diskutiert. Im März 2023 hatte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) einen Konsultationsprozess darüber gestartet. Der Koalitionspartner CDU lehnt einen Nationalpark aber ab. Die Union will den schlechten Zustand des Meeres stattdessen mit Hilfe freiwilliger Vereinbarungen sowie Steinriffen und Seegraswiesen verbessern. Während der Konsultationen sprachen sich vor allem Tourismusunternehmen und -verbände, aber auch viele Kommunen an der Küste gegen einen Nationalpark aus. Unterstützung für einen Nationalpark kam von Umweltverbänden.
Minister Goldschmidt sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Studie aus Würzburg, Nationalparks übten eine große Faszination auf Touristen aus. „Sie sind oft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sie stärken die Wertschöpfung in der Region und fördern einen qualitativ hochwertigen und vor allem auch nachhaltigen Tourismus.“
Nach Ansicht des Ministers wäre eine solche Synergie zwischen wirtschaftlichen Vorteilen und Naturschutz-Belangen auch für einen verbesserten Schutz der Ostsee eine große Chance. Das sei auch Thema in der Konsultation zu einem möglichen Ostseenationalpark gewesen.