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Bündnis "ÖPNV braucht Zukunft": Eine Prise Sarkasmus gefällig? - Kommentar

12.10.2022 11:24 Uhr | Lesezeit: 4 min
Bündnis "ÖPNV braucht Zukunft": Eine Prise Sarkasmus gefällig? - Kommentar
Früher war alles besser? Denkste! Dank dem Bündnis "ÖPNV braucht Zukunft" wissen wir jetzt, dass der ÖPNV nicht nur marode ist, sondern bislang auch nicht bezahlbar, sozial ungerecht und eine ökologische Katastrophe war. Tickets kann es auch nicht "einfach" gegeben haben. Um das zu ändern, braucht es jetzt zusätzliche Mittel von "Bund und Ländern". Sonst ist die "überfällige Mobilitätswende" nicht zu schaffen - und mit der will man schließlich "dem Klimawandel entgegenwirken".
© Foto: iStock/jonathanfilskov-photography

Das Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ fordert von der am heutigen Mittwoch stattfindenden Verkehrsministerkonferenz „klare Entscheidungen“, um die überfällige Mobilitätswende einzuleiten. „Wenn wir dem Klimawandel entgegenwirken wollen, müssen wir auf nachhaltige Mobilität umstellen“, heißt es von Seiten des Bündnisses in einer Pressemitteilung.

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Zu dem Bündnis gehören Fridays for Future Germany, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Ökologischer Verkehrsclub VCD, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), BUNDjugend, attac, NaturFreunde Deutschlands, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Changing Cities e.V.

„Bus- und Bahnverkehr müssten endlich modernisiert, ausgebaut und attraktiver gemacht werden“, so das Bündnis, das auch nicht vergisst, Bund und Länder an eine Einigung in Sachen Nachfolge für das 9-Euro-Ticket zu erinnern.

Vor dem Hintergrund der derzeitigen Probleme, mit denen sich speziell die Busbranche in immer stärkerem Maße konfrontiert sieht, verursachen die Details der Forderungen von „ÖPNV braucht Zukunft“ gewisse Missempfindungen. So soll ein ÖPNV-Angebot her, das soziale und ökologische Mobilität für alle ermöglicht, bezahlbare und einfache Tickets vorhalte, ausgebaut werde und mit Barrierefreiheit, mehr Personal und Fahrzeugen aufwarte. War der ÖPNV bislang nicht bezahlbar? Konnte man nicht „einfach“ an Tickets kommen? War der ÖPNV sozial ungerecht? Eine ökologische Katastrophe?

Ganz offensichtlich, wie es scheint – und keiner hat’s gemerkt. Danke für die Erkenntnis, „ÖPNV braucht Zukunft“! Und danke für Eure Forderung nach Geld von Bund und Ländern und dafür, dass Ihr „von einem zusätzlichen Bedarf von 15 Milliarden Euro pro Jahr“ ausgeht, um die Zahl der Fahrgäste bis 2030 zu verdoppeln“. Das ist doch wenigstens mal ein Plan!

Wie gut, dass der, der fordert, sich um die Machbarkeit – speziell die Finanzierbarkeit – nicht kümmern muss. „Gutes“ zu fordern, reicht aus, um sich als „gut“ zu profilieren. Dass „Bund und Länder“ kein „Vater Staat mit vollen Taschen“ sind, sondern dass die Mittel, die „Bund und Länder“ bereitstellen sollen, von den Menschen im Land erstmal erwirtschaftet werden müssen – wobei der größte Arbeitgeber genau jener Mittelstand ist, der gerade sehenden Auges den Bach runtergegangen wird – scheint dem fordernden „Bündnis“ kaum bewusst zu sein. Aber vielleicht würde ein solches Bewusstsein in der Marketing-Strategie auch unerwünschte Dissonanzen erzeugen.

In der Pressemitteilung von „ÖPNV braucht Zukunft“ findet sich jedenfalls Interessantes. Es heißt da beispielsweise, dass eine „marode Infrastruktur zu Verspätungen und Ausfällen“ führe. Stellt sich die Frage, seit wann der ÖPNV in Deutschland „marode“ ist. Das klingt wie damals, als die DDR schnappatmend in den letzten Zügen der „Deutschen Reichsbahn“ lag. Warumfällt es denn den Verkehrsunternehmen „immer schwerer, freie Stellen neu zu besetzen“, während „gleichzeitig die Krankenstände steigen“? Und warum wollen „zu wenige Fahrer die weiter steigenden Arbeitsbelastungen für einen vergleichsweise geringen Lohn übernehmen“? Oder warum wollen die Verkehrsunternehmen nicht besser bezahlen und entspanntere Arbeitsbedingungen schaffen? Gegenfrage: weil sie das vielleicht nicht können? Weil da noch was mit Wirtschaftlichkeit war und mit wirtschaftlicher Darstellbarkeit von politischen Wünschen in der Realität?

Das Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ muss sich nicht fremder Leut’s Köpfe zerbrechen. Es ist nur zum Fordern da. Gerade mit „Fridays For Future“ hat man dafür ja ganz besonders qualifizierte Fachkräfte an Bord. Da werden die Unternehmen und Menschen in Deutschland – pardon – „Bund und Länder“ natürlich – hocherfreut und großzügigst „noch in diesem Jahr zusätzliche Mittel für die Finanzierung des ÖPNV und für bessere Arbeitsbedingungen“ bereitstellen. Sonst wird sich eben geklebt. Mit pubertären Patschhändchen auf Asphalt. Da haben sogar die ausgedünnten Lienenverkehre noch einen Nutzen. Denn so muss da kein ÖPNV-Fahrgast im Klebestau stehen. Sorry für den Sarkasmus.

Schließen wir mit der Perle aus der Pressemitteilung des Bündnisses „ÖPNV braucht Zukunft“:

„Für die Mobilitätswende muss der ÖPNV attraktiver werden, so das Bündnis – das zeige auch die positive Bewertung der Fahrgäste, die den öffentlichen Personennahverkehr mit dem 9-Euro-Ticket verstärkt genutzt hätten: Je günstiger, einfacher und einheitlicher ein Nahverkehrsticket, desto mehr Schwung komme in die Mobilitätswende. Ohne einen Ausbau von Bus und Bahn und ohne Investitionen ins Personal sei das jedoch nicht machbar.“

Stimmt. In der DDR nannte man das „Planwirtschaft“. Und jedes „Unternehmen“ hing am Tropf eines Systems, das Wohlstand, Freiheit und internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Ideologie unterordnete. Freuen wir uns auf den anstehenden Geldsegen von „Bund und Ländern“. Sie werden mit vollen Händen geben. Und alle werden glücklich sein.

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