Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fordern in einem gemeinsamen Positionspapier Reformen beim Busführerschein. Ohne zusätzliches Fahrpersonal sehen die beiden Branchenverbände nicht nur die Verkehrswende, sondern zunehmend das bestehende ÖPNV-Angebot in Gefahr.
Die Unternehmen hätten bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um dem Fahrpersonalmangel entgegenzuwirken, etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Imageförderung des Berufsbilds oder einer möglichst attraktiven Fahr- und Dienstplanung, so die beiden Verbände. Andere Regularien aber werden vom Bund festgelegt: So ist aus Branchensicht der Erwerb des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation die große Hürde für den Berufszugang in Deutschland. Die Kosten und der zeitliche Aufwand für deren Erwerb sind laut bdo und VDV hierzulande deutlich höher als in benachbarten EU-Ländern.
„Die aufgeblähten Vorgaben ziehen sich wie ein roter Faden durch die Busfahrausbildung. Während dieselbe Ausbildung in Österreich in weniger als 40 Stunden und für knapp 3000 bis 4000 Euro durchgeführt wird, müssen deutsche Busbetriebe mittlerweile bis zu 14.500 Euro veranschlagen. Diese Diskrepanz sprengt endgültig den Rahmen“, sagte Karl Hülsmann, bdo-Präsident. „Wir benötigen dringend eine schlanke und effiziente Busfahrausbildung. Dies ist ohne Abstriche bei der Qualität und Sicherheit möglich – Dafür sorgen die gleichbleibenden Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen.“
Reform von Fahrausbildung und Berufskraftfahrerqualifikation
Die Branchenverbände machen in ihrem gemeinsamen Positionspapier Vorschläge für die Reform der Fahrausbildung und der Berufskraftfahrerqualifikation. Gleichzeitig mahnen bdo und VDV, diese zentralen Maßnahmen zügig umzusetzen, damit der bestehende ÖPNV gesichert und sein Ausbau im Sinne der Verkehrswende realisiert werden kann.
Konkret schlagen die Verbände in ihrem Positionspapier vor:
- Streichung der Pflichtstunden für die Führerschein-Grundausbildung analog dem Lkw, hierzu heißt es: „Lkw- und Busfahrer haben nahezu identische Ausbildungen mit vergleichbaren Fahrzeugen – Entsprechend gleich sollte auch die Fahrausbildung sein. Daher sind wie beim Lkw auch beim Busführerschein die Pflichtstunden der Grundausbildung zu streichen.“ das bedeutet: Die individuelle Bewerberkompetenz sowie die Beurteilung des Fahrlehrers entscheiden darüber, wie viele Fahrstunden – über die besonderen Ausbildungsfahrten hinaus – Bewerber für die Fahrbefähigung bzw. Prüfungsreife benötigen.
- Berufskraftfahrer-Grundqualifikation praxistauglich reformieren: In Deutschland kann die Berufskraftfahrerqualifikation derzeit als „beschleunigte Grundqualifikation“ mit 140 Pflichtstunden oder als „Grundqualifikation“ im Selbststudium erworben werden. Aufgrund der aktuellen Ausgestaltung der Grundqualifikation wird diese in der Praxis kaum in Anspruch genommen – insbesondere ist das Selbststudium ohne ergänzendes Schulungsangebot eine Hürde. Bei entsprechender Umsetzung wäre die „Grundqualifikation“ jedoch die schnellere Variante der Qualifizierung. bdo und VDV schlagen daher vor, die „Grundqualifikation“ zusammen mit der Busführerscheinausbildung zu schulen, um ein Schulungsangebot zu schaffen. Zudem sollte die praktische Busführerschein- und Grundqualifikationsprüfung – um Synergieeffekte zu erzielen – zusammen geprüft und auch für die Grundqualifikation fremdsprachige Multiple-Choice-Prüfungen eingeführt werden.
Die Fahrerlaubnis und die Berufskraftfahrerqualifikation könnten so deutlich schneller und günstiger erworben werden – mit identischen Ausbildungsinhalten und gleich hohen Prüfungsanforderungen. In einigen europäischen Nachbarstaaten ist dies bereits gängige Praxis. Darüber hinaus werden weitere ergänzende Themen vorgeschlagen, wie die Verringerung doppelter Theorie-Lerninhalte in der Führerscheinausbildung und der „Beschleunigten Grundqualifikation“ sowie die stärkere Anerkennung der Führerscheine von weiteren Ländern.
ÖPNV-Angebot sichern und weiter ausbauen
„Es gibt die Einigkeit in der Branche, dass eine Reform der Busfahrerausbildung erforderlich ist und dies neben anderen wichtigen Themen, wie der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Dienstplangestaltung und mehr Teilzeitangeboten, aber auch der Verbesserung des Berufsbildes dazu führt, dass wir auch in Zukunft ausreichend Kandidaten für den wichtigen Beruf des Busfahrers und der Busfahrerin gewinnen können. Nur so können wir mittel- und langfristig das ÖPNV-Angebot sichern und weiter ausbauen“, sagte VDV-Vizepräsident Werner Overkamp.
Schon heute fehlen bundesweit rund 20.000 Busfahrer im ÖPNV. Dies hat zur Folge, dass rund 80 Prozent der Unternehmen aufgrund des Fahrpersonalmangels von mittelschweren bis erheblichen Auswirkungen auf ihr Unternehmen berichten. Zudem ist mehr als die Hälfte des Fahrpersonals älter als 50 Jahre. Bis 2030 werden daher jährlich durchschnittlich etwa 6000 Fahrer in den Ruhestand wechseln. bdo und VDV gehen davon aus, dass bis 2030 rund 50.000 bis 60.000 Busfahrer im ÖPNV fehlen werden. Hinzu komme ein weiterer Bedarf für den ÖPNV-Ausbau und für die Schienenersatzverkehre der umfassenden Sanierungsvorhaben der Bahn.