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Fachkräftemangel: Angebotskürzungen nur als die Ultima Ratio

02.08.2023 08:48 Uhr | Lesezeit: 4 min
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Auch bei den Verkehrsunternehmen VBK und AVG treffen inzwischen sinkende Bewerberzahlen auf einen wachsenden Personalbedarf
© Foto: VBK/Bruno Kelzer

Verkehrsunternehmen haben immer mehr Probleme, offene Stellen zu besetzen und müssen ihre Strategien zur Personalgewinnung anpassen, wie ein Beispiel aus Karlsruhe zeigt.

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Busfahrer werdend deutschlandweit dringend gesucht. „Die Arbeitsmarktsituation, die sich durch die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren noch verschärfen wird, stellt für alle Verkehrsunternehmen eine strategische Herausforderung dar und gefährdet die Ziele der Verkehrswende“, erklärte Stephanie Schulze, Personalchefin der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG).

Die beiden Unternehmen erinnern vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachkräftemangels daran, dass bis 2030 in der gesamten ÖPNV-Branche laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (DVD) rund 80.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen. Für die Verkehrswende, die eine Verdoppelung des ÖPNV bis zum Ende der Dekade vorsieht, werden weitere 110.000 neue Arbeits- und Fachkräfte benötigt, prognostiziert der VDV. „Nur wenn es gelingt, diesen Fachkräftebedarf zu decken, wird die Mobilitätswende gelingen“, macht Schulze deutlich.

Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt

Auch bei den beiden Verkehrsunternehmen VBK und AVG treffen inzwischen sinkende Bewerberzahlen auf einen wachsenden Personalbedarf. Dies betreffe „alle Unternehmensbereiche. „Obwohl wir eine Wachstumsbranche sind, die sichere Arbeitsplätze, eine gute Bezahlung, attraktive betriebliche Zusatzleistungen sowie eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet, wird es zunehmend schwieriger, alle Plätze in unseren Ausbildungskursen für den Fahrdienst zu besetzen. Dadurch wird auch mittelfristig die Personaldecke dünner, um entsprechende Reservekapazitäten vorzuhalten, damit wir auf kurzfristige Personalausfälle adäquat reagieren können“, sagte Alexander Pischon, Geschäftsführer von VBK und AVG.

„Angebotskürzungen sind immer die Ultima Ratio. Aber mit Blick auf die Arbeitsmarktsituation, die sich in den nächsten Jahren nicht grundlegend ändern, sondern eher noch verschärfen wird, kann ein solches Szenario auch bei unseren Verkehrsunternehmen nicht mehr gänzlich ausgeschlossen werden“, meinte Pischon.

Aktuell sind bei der VBK und AVG insgesamt 55 Stellen vakant ─ quer über alle Unternehmensbereiche hinweg. „Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Der Wettbewerb um Talente und Fachkräfte ist deutlich härter geworden. Dieser neuen Realität müssen wir uns stellen und haben unsere Strategien zur Personalgewinnung entsprechend angepasst“, so Schulze.

Zugangshürden zum Arbeitsmarkt abbauen

AVG und VBK hätten in den vergangenen Monaten ihre Recruiting- und Personal- marketingmaßnahmen deutlich intensiviert. Zwei Mal pro Monat bieten VBK und AVG beispielsweise ein spezielles Online-Event an, bei dem Interessierte einen Einblick in die Tätigkeit des Fahrpersonals erhalten können. Zusätzlich werden Infoabende mit Ausbildern und Teamleitern angeboten.

Auch das Bewerbungsverfahren wurde deutlich verschlankt: Ein spezieller Bewerberbogen macht ein Anschreiben überflüssig und soll die Kontaktaufnahme mit den Unternehmen erleichtern. Mit groß angelegten Werbekampagnen wollen VBK und AVG die Attraktivität der Berufsfelder in den beiden ÖPNV-Unternehmen steigern und so neue Zielgruppen ansprechen. Hierzu soll auch das „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programm beitragen, beim dem die eigene Belegschaft als positive Botschafter für VBK und AVG fungieren und attraktive Prämien für die erfolgreiche Empfehlung neuer Fachkräfte ausgelobt werden.

Damit die Verkehrsunternehmen die Mobilitätswende mit qualifiziertem Personal stemmen können, sehen VBK und AVG auch den Gesetzgeber in der Pflicht: „Die Politik muss bestehende Zugangshürden zum Arbeitsmarkt abbauen. So wird der Fachkräftezuwanderung in den kommenden Jahren eine gesteigerte Bedeutung zukommen. Hier zielt die jüngste Novelle des Einwanderungsgesetzes in die richtige Richtung“, sagte Schulze. Es müssten aber weitere Reformen folgen, damit in beschleunigten Verfahren Fahrpersonal mit Berufserfahrung aus Drittstaaten gewonnen werden könne. Führerscheine oder Berufsqualifikationen aus diesen Ländern müssten dazu schneller anerkannt werden. „Ebenso müssen finanzielle Hürden für den Einstieg von Berufskraftfahrern gesenkt werden“, erneuerte Schulze eine altbekannte Forderung aus der Branche.

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