Existiert in Brandenburg eine Rechtsgrundlage, die das Nahverkehrsunternehmen ermächtigt, Aufgaben der Verkehrsüberwachung zu übernehmen? Also “Knöllchen“ auszustellen oder sogar ein Abschleppunternehmen zu beauftragen? Gibt es neben Berlin weitere Bundesländer, in denen solche Rechtsgrundlagen durch Landesgesetze geschaffen worden sind? Und welche Möglichkeiten gäbe es in Brandenburg, dass die Kommunen auf der Basis bestehender oder neuer Landesgesetze den Nahverkehrsunternehmen eine solche Ermächtigung erteilen? Diese drei Fragestellungen wollte der Landtag Brandenburg beantwortet haben.
Heraus kam: Eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage existiert im Land Brandenburg nicht. Es könnte allerdings erwogen werden, die Unternehmen des ÖPNV und somit auch ihre Beschäftigten ohne Rechtsgrundlage in das Verfahren der Störungsbeseitigung einzubinden, indem sie die Störung im Zuge einer institutionalisierten Zusammenarbeit an die Ordnungsbehörde oder Polizei mitteilen. Doch ein solches Verfahren berge Rechtsunsicherheiten, weil die Grenzziehung zwischen Hilfstätigkeiten, die ohne Rechtsgrundlage möglich sind, und entscheidungsprägender Mitwirkung, die einer Rechtsgrundlage bedarf, unklar sei. Die Befugnis zur unmittelbaren Anordnung der Störungsbeseitigung könne nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes verliehen werden. Das Ausstellen von „Knöllchen" sei als Maßnahme der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten von der Störungsbeseitigung zu trennen, hieß es im Bericht des Landtags.
Blick nach Berlin
In Berlin, wo dem Verkehrsbetrieb BVG durch § 23 des Berliner Mobilitätsgesetzes Zuständigkeiten übertragen werden, ist die rechtliche Lage eine andere und daher auf andere Bundesländer nicht übertragbar. Denn die BVG ist als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert und wird deshalb als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung tätig. Solche Zuständigkeitsübertragungen seien in keinem weiteren Bundesland ersichtlich. Dies gilt auch für eine Aufgabenübertragung durch Beleihung Privater. In Sachsen-Anhalt ernennt die Landeshauptstadt Magdeburg Beschäftigte der Magdeburger Verkehrsbetriebe zu Ehrenbeamten und integriert sie damit in die ordnungsbehördliche Organisationsstruktur. Auf diese Weise sind sie befugt, behördliche Kompetenzen wahrzunehmen.
Rechtliche Gedankenspiele
Beide Möglichkeiten, eine Beleihung der Unternehmen des ÖPNV und ihrer Beschäftigten sowie die Ernennung ihrer Beschäftigten zu Ehrenbeamten, könnten rechtlich auch in Brandenburg und anderen Bundesländern in Betracht kommen. Eine Beleihung ist nur durch oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Die Ernennung zu Ehrenbeamten würde sich in die – weiterhin bestehenbleibende ordnungsbehördliche Aufgabenzuständigkeit einfügen und keine weitere zuständige Verwaltungseinheit schaffen. Unbeschadet der rechtlichen Zulässigkeit würde sorgfältig zu prüfen sein, ob eine Einbindung der Unternehmen des ÖPNV in die Anordnung und/oder Durchführung der Beseitigung von Störungen des ÖPNV durch Falschparken mit Blick auf Aufwand und Nutzen verfassungspolitisch die erste Wahl ist. Die Akzeptanz der Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols dürfte nicht zuletzt auch von den ausübenden Stellen und Personen abhängen, hieß es weiter im Fazit. (mp)