Man nehme zur Kenntnis, dass „die Gewerkschaft Verdi die Tarifrunde durch überzogene Streikaktionen weiter massiv belastet“, erklärte der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) mit Blick auf die Warnstreiks am 21. und 22. Januar, zu denen Verdi aufgerufen hatte. Verdi fordert unter anderem beim Entgelt ein Plus von neun Prozent und für Azubis 100 Euro mehr im Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Der WBO bezeichnet die Forderungen von Verdi als überzogen. Das private Busgewerbe in Baden-Württemberg „zahlt seit Jahrzehnten Tariflöhne und bekennt sich zu dieser Tarifpartnerschaft“, so der WBO. Man habe insgesamt vier Tarifverträge mit Verdi im privaten Busgewerbe, Tarifvertrag Nummer fünf (Betriebliche Altersvorsorge) liege im Entwurf bereits bei Verdi, so sei auch die gute Entlohnung der Berufskraftfahrer (BKF) zu erklären, betonte der Verband. Der Stundenlohn BKF liege bereits jetzt im reinen Grundlohn bei 21,46 Euro. Das sind ganze acht Euro bzw. 67 Prozent über dem gesetzlichen Mindestlohn, so der WBO, der auf weitere Punkte hinweist.
In der Branche gebe es etliche Zuschläge, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld etc. Im Schnitt verdient ein Busfahrer laut WBO daher im Jahr 45.000 bis 50.000 Euro brutto. Im letzten Lohntarifvertrag (2023/2024) wurden die Löhne bereits um plus 14 Prozent angehoben, die Inflation lag dabei im betreffenden Zeitraum bei acht Prozent.
Neben dem Lohn verpflichten sich die Arbeitgeber aus dem Manteltarifvertrag heraus jährlich stufenweise mehr Pausen zu bezahlen. „Auch dieses und nächstes Jahr wieder“, so der WBO, der zudem erklärt: „Wir befinden uns mit Verdi parallel zur Lohntarifrunde in Verhandlungen zu einer Betriebsrente, die Verdi mit Nachdruck von der Arbeitgeberschaft einfordert. Auch dies muss in der Lohnrunde betriebswirtschaftlich betrachtet werden.“
"Die Gewerkschaftsvertreter müssen das Träumen einstellen und am Verhandlungstisch mit Vernunft an einem Abschluss mitarbeiten."
Horst Windeisen, WBO-Verhandlungsführer
WBO: „Wir lassen uns nicht erpressen“
„Angesichts dieser Sachlage halten wir die Forderungshöhe von Verdi in Höhe von plus neun Prozent mehr Lohn bei einer Preissteigerungsrate von aktuell zwei Prozent für schlichtweg unseriös“, sagte Yvonne Hüneburg, Geschäftsführerin des Busverbandes WBO. Und weiter: „Wir lassen uns auch in dieser Tarifrunde nicht erpressen.“ Der WBO betonte auch, dass dem Verband an einer baldigen Lösung gelegen sei, „schließlich fühlt man sich arbeitgeberseitig für die ÖPNV-Nutzer verantwortlich“, so der Verband.
Horst Windeisen als Verhandlungsführer der Arbeitgeber, sagte abschließend: „Die Gewerkschaftsvertreter müssen das Träumen einstellen und am Verhandlungstisch mit Vernunft an einem Abschluss mitarbeiten. Ein arbeitgeberseitiges Angebot liegt auf dem Tisch. Mit der Forderung nach neun Prozent mehr Lohn hat sich die Gewerkschaft schlichtweg vergaloppiert.“. Drei Wochen nach Ende der Friedenspflicht wurden bereits sechs Streiktage durchgeführt, kritisierte Windeisen, der hinzufügt: „Streik kann immer nur das allerletzte Mittel sein. Eine Annäherung wird jedoch nur am Verhandlungstisch gelingen“.
"Innerhalb von zwei Jahren eine Lohnsteigerung von 25 Prozent zu verlangen ist einfach missbräuchlich."
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
Oberbürgermeister Palmer warnt vor Folgen für den ÖPNV
Kritik an den Streiks kommt auch von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Auf seiner Facebook-Seite, sagte Palmer in einem Live-Video, welche Konsequenzen die Streiks und die von Verdi erhobenen Forderungen für die Kommunen, aber auch generell für den ÖPNV zur Folge haben.
„Innerhalb von zwei Jahren eine Lohnsteigerung von 25 Prozent zu verlangen ist einfach missbräuchlich“, so Palmer. Diese Mehrkosten müssten Kommunen wie die Stadt Tübingen bezahlen, was nicht ohne Folgen bleibe: „Dass der Nahverkehr schlechter wird, dass wir Fahrer entlassen müssen, dass wir Busfahrten streichen müssen“, so Palmer, der betonte. „Das ist auch schon im Gange, zum 1. April werden Verkehrsleistungen für eine Million Euro aus rein finanziellen Gründen gestrichen.“
Neben dem finanziellen Aspekt sieht Palmer durch die häufigen Streiks im Nahverkehr aber noch ein weiteres Problem für den ÖPNV generell: „Der Nahverkehr wird unzuverlässig, wenn Menschen drei Tage lang nicht zur Arbeit kommen, das hat strukturelle Folgen“, so Palmer, der fürchtet, dass Menschen sich von Bus und Bahn abwenden könnten.
Die nächste Verhandlungsrunde zwischen dem WBO und Verdi ist für 31. Januar geplant.