Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich deutlich verschlechtert, wie der aktuelle Ifo-Geschäftsklimaindex zeigt. Dieser ist im September auf 84,3 Punkte gefallen, nach 88,6 Punkten im August. Dies ist laut dem Münchner Ifo-Institut der niedrigste Wert seit Mai 2020. Dabei zieht sich der Rückgang durch alle Wirtschaftsbereiche, über alle bewerten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage klar schlechter. „Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine Rezession“, so das Fazit des Ifo-Instituts.
Im Dienstleistungssektor ist der Geschäftsklimaindex laut Ifo-Institut sogar regelrecht „abgestürzt“. Die Einschätzungen zur aktuellen Lage fielen deutlich schlechter aus. Die Unternehmen rechnen zudem mit einer weiteren spürbaren Verschlechterung in den kommenden Monaten. Insbesondere das Gastgewerbe befürchtet schwere Zeiten. Auch im Handel hat sich das Geschäftsklima nochmals verschlechtert. Die Geschäftslage drehte erstmals seit Februar 2021 wieder in den negativen Bereich. Auch der Ausblick verdüsterte sich weiter.
Habeck warnt vor Dauerschäden für die deutsche Wirtschaft
Die aktuelle Stimmung scheint auch im zuständigen Wirtschaftsministerium angekommen zu sein. So erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), er fürchte um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Wegen der hohen Preise für Energie warnte er vor „Dauerschäden“ und sprach sich für umfangreiche finanzielle Hilfen der Bundesregierung aus. „Teils ist es erst ein Schwelbrand, teils brennt schon die Hütte. In jedem Fall ist die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft in Gefahr, es drohen Dauerschäden“, sagte Habeck der „Deutschen Presse-Agentur“. Man dürfe daher „keine Zeit verlieren“, drängte der Bundeswirtschaftsminister und erklärte: „Wir müssen jetzt alle Finanzkraft aufbringen, um die gute Substanz unserer Wirtschaft über die Krise zu bringen, Arbeitsplätze zu sichern und die Investitions- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu schützen.“
Sorge um den Industriestandort Deutschland
Warnungen kommen auch aus der Nutzfahrzeugbranche. So sagt Michael Brecht, Betriebsratschef bei Daimler Truck, gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“, er mache sich „große Sorgen um den Industriestandort Deutschland“. Brecht vermisste eine zielgerichtete Industriepolitik. Die aktuelle Industriepolitik in Deutschland und Europa sei „nicht ansatzweise“ mit China oder den USA vergleichbar. „Mit dieser Geschwindigkeit wird es einfach nicht funktionieren“, sagte Brecht. Er vermisse eine politische Gesamtstrategie und kritisierte: „Wir sind hier viel zu kleinkariert unterwegs.“
Als Beispiel nannte er die Elektromobilität und den Aufbau einer Ladeinfrastruktur. Wenn er sich Deutschlands Klimaziele bis 2030 ansehe, dann sei ein Plan nötig, wie viele Ladepunkte es wo braucht und was diese Ladepunkte leisten müssen. „Ich kann mir bis heute nicht vorstellen, wie das funktionieren kann.“ Das Verkehrsministerium müsse diese Hochrechnung machen und sagen, wie genau die Straßen in Deutschland elektrifiziert werden.
In den nächsten zwei bis drei Jahren seien hinsichtlich emissionsfreier Antriebe praktisch alle wesentlichen Entscheidungen notwendig. Sonst könnten Deutschland und Europa in zehn Jahren „industriell vielleicht sogar schwächer sein als vor der Transformation“ hin zur Elektromobilität, warnte Brecht.