Der nun vorliegende Gesetzesentwurf zur Pauschalreiserichtlinie wird von der Reisewirtschaft und Tourismusbranche harsch kritisiert. Der Entwurf sei „handwerklich schlecht gemacht“, es würden „Regeln des fairen Wettbewerbs missachtet“, falsche Schlussfolgerungen aus der Pandemie gezogen und der Reisemarkt werde „in seiner Struktur nachteilig verändert“, sollte der Vorschlag der Kommission in dieser Form beschlossen werden, kritisieren Branchenverbände.
Die Verbände ASR, DRV, DTV, Forum Anders Reisen, IHA, RDA und VIR haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt. Sie appellieren an die Bundesregierung, die „schweren Fehler“ im Gesetzentwurf in den in Kürze beginnenden Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen „klar und deutlich anzusprechen“, damit der EU-Rat im weiteren Verlauf zu einer sachgerechten Auffassung der europäischen Regierungen gelangt. Die Verbände bitten ferner die Bundestagsabgeordneten, die Positionierung der Bundesregierung in den relevanten Ausschüssen „sorgfältig zu beobachten und frühzeitig steuernd einzuwirken“, da später in der nationalen Umsetzung aufgrund der vollharmonisierten Richtlinie nur noch wenig Handlungsspielraum bestehen werde.
Im Einzelnen sehen die Branchenverbände Verbesserungsbedarf in folgenden Punkten:
- Die Geschäftsreise gehöre nicht in eine Pauschalreiserichtlinie und ist aus der Regelung herauszunehmen.
- Die geplante Einführung der Drei-Stunden-Frist mache den Verkauf verbundener Reiseleistungen im Reisebüro unmöglich und schmäler die Vielfalt des Angebots.
- Die „Click through“-Regelung gehe in die richtige Richtung, lasse aber nach wie vor Schlupflöcher offen.
- Die geplante Regulierung der Anzahlungshöhe sei „überflüssig und überzogen“.
- Die Ausweitung des Kundenrechts, eine Pauschalreise wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände am Wohnsitz oder Abreiseort absagen zu können, bedeutet eine komplette Risikoverlagerung auf den Reiseveranstalter. Das sei „nicht sachgemäß und unverhältnismäßig“.
- Die Einbeziehung von drei Reisewarnungen – am Wohnsitz, am Abreiseort und im Zielgebiet – sei unklar und nicht sachgerecht. Maßgeblich könne nur eine Reisewarnung sein.
- Mit der strikten Beibehaltung der 14-Tages-Frist zur Rückzahlung von Kundengeldern bei Großschadensereignissen ziehe die Kommission die falschen Lehren aus der Pandemie und belastet die Unternehmen unnötig.
- Die Einführung eines zusätzlichen nationalen Krisenfonds, der einseitig von der Industrie getragen werden soll, verteuere die Pauschalreise neuerlich ohne wirklichen Mehrwert für die Kunden.
- Die geplante Einführung einer gesetzlichen Gutscheinlösung auf freiwilliger Basis helfe in globalen Krisen nicht weiter. Eine Lösung brächte allein das Recht obligatorische Gutscheine zur Verfügung zu stellen.
- Reisebüros benötigten keine eigene Insolvenzabsicherung für die Vermittlung bereits insolvenzabgesicherter Pauschalreisen. „Der Sinn erschließt sich nicht“, so die Verbände.
- Die Schaffung eines B2B-Regressanspruches dürfte in der Praxis nicht durchsetzbar sein.
Wirkungslos, kostenintensiv und praxisfremd
Man würde es begrüßen, wenn die EU-Kommission „aktiv handwerkliche Fehler beseitigt, zentrale Punkte des Gesetzentwurfs noch einmal unvoreingenommen bewertet und korrigiert“, schreiben die Tourismusverbände in einer Mitteilung. Durch die neu angedachten, zusätzlichen Verbraucherschutzanforderungen würden Pauschalreisen im Preis weiter steigen müssen, was die äußerst preissensiblen Verbraucher aller Erfahrung nach dazu veranlassen wird, von einer Pauschalreisebuchung Abstand zu nehmen und sich stattdessen auf eigenes Risiko selbst eine Reise zusammenzustellen.
„Ohne jeden Zweifel wird die Pauschalreiserichtlinie sehr große Auswirkungen vor allem auf den deutschen Markt haben: 41 Prozent aller Pauschalreisen, die in der EU gebucht werden, werden in Deutschland verkauft – auch diesen Aspekt müsse die Politik in ihrer Beurteilung einbeziehen“, schreiben die Verbände.
Die Verbände appellierten an die Abgeordneten des in diesem Jahr neu zu wählenden Europäischen Parlaments „dafür Sorge zu tragen, dass Marktverhältnisse insbesondere mit Blick auf mittelständische Strukturen berücksichtigt werden“. Darüber hinaus halte man es für notwendig, dass „die angedachten Regeln vorab einem Praxistest unterzogen werden“. Dies würde nach Auffassung der Verbände schnell verdeutlichen, dass sich einige der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regelungen „als wirkungslos aber kostenintensiv und praxisfremd erweisen werden“.