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Test: Viseon C12 HD: Die hohe Kunst der Größe

26.01.2013 09:52 Uhr
© Foto: Sascha Böhnke

Mit dem C12 HD hat Viseon einen überaus praxistauglichen Bus ins Programm genommen. Denn einen zweiachsigen Hochdecker, der nicht nur über große Kofferräume, sondern auch über eine komfortable Stehhöhe bei ebenem ­Boden verfügt, gibt es nicht überall. Unser Supertest zeigt, wie gut sich der bayerische Bolide in der Praxis schlägt.

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Viseon ist angekommen. So kurz und knapp lässt sich heute die Situation rund um den bayerischen Bushersteller skizzieren. Mehr noch: Viseon hat nicht nur dem äußerst schwierigen wirtschaftlichen Umfeld getrotzt, in dem das Unternehmen gestartet ist, allen Unkenrufen zum Trotz machen die Busenthusiasten ihr Ding. Und das mit einer Beharrlichkeit, die erstaunt. So überraschte der Hersteller anfangs mit einem innovativen bis mutigen Fahrzeugkonzept, das viele bis dahin etablierte Standards infrage stellte, verbesserte und erneuerte. Es folgte eine für eine junge Firma beispiellose Erweiterung des Fahrzeugprogramms um Typen, die bis dahin kaum genutzte Nischen besetzten. Den Anfang machte der C10, ein 10,40 Meter kurzer Midibus, mit dem es derzeit höchstens noch der mittlerweile etwas betagte Setra S411 aufnehmen könnte, allerdings nicht in Sachen Preis. Es folgte der C11, ein vollwertiger Reisebus mit einer Länge von knapp 11,40 Metern, der bis zu 45 Fahrgäste aufnehmen kann. Warum es zu dieser Zeit noch keinen 12-Meter-Wagen gab, ist sicherlich entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen geschuldet, die zu dieser Zeit noch mit MAN bestanden. Doch die Zeiten ändern sich und mit ihnen die verfügbaren Viseon-Längen. Heute gibt es zusätzlich den 12,70 Meter langen C13, der es in einer Drei-Sterne-Ausführung auf bis zu 51 Fahrgastplätze bringt oder in einer Fünf-Sterne-Ausführung auf immer noch beachtliche
42 Sitze.

Das jüngste Familienmitglied nun ist der C12 HD, ein exakt 12 Meter langer Hochdecker, der mit 3,78 Metern 220 Millimeter höher als seine Geschwister ist. Trotz ihrer individuellen Längen und Höhen haben aber alle Busse eines gemeinsam: Es handelt sich konsequent um Zweiachser. Doch, Viseon kann auch Dreiachser bauen, verzichtet aber derzeit bei seinen Reisebussen bewusst darauf. Denn eine dritte Achse bedeutet höhere Kosten und die will der Hersteller seinen Kunden ersparen. Gar nicht sparsam geht Viseon dagegen bei der C-Serie mit dem Thema Anspruch um. Der ist nämlich derart hoch, dass er eigentlich unvereinbar mit dem Fahrzeugpreis erscheint. 280.000 Euro kostet der getestete C12 HD, da muss es doch Abstriche geben? Genau das wird dieser Test zeigen.


Viseon C12 HD

Viseon C12 HD Bildergalerie

© Foto: Sascha Böhnke

Das markante "V" an der Seite ist nach oben gewandert

Äußerlich unterscheidet sich der C12 HD ganz klar von seinen drei Geschwistern. Das Markante V im Bereich der B-Säule ist nach oben gewandert und hat dadurch seine optische Verbindung mit der Seitenwand verloren. Das macht aber nichts, denn dadurch hat sich eine neue Sichtachse aufgetan: die Achse der Eleganz. Das Fensterband der Seitenlinie wird nun nämlich nicht mehr vom V gestoppt, es knickt nun nach unten ab und zieht sich bis zur vorderen Kante. Dadurch ist dem Designer etwas ganz Erstaunliches gelungen: Obwohl der Bus höher wurde, wirkt er dennoch optisch schlanker. Und das steht ­diesem Viseon ganz ausgezeichnet. Betritt man diesen Bus, wird sofort klar, weshalb ein Hochdecker eine gute Idee ist. Der Bus wirkt innen noch geräumiger, als er das ohnehin bereits ist. Das macht sich nicht unbedingt im Stehen bemerkbar, wohl aber beim Sitzen, denn die 22 Zentimeter mehr an Höhe kamen den Fenstern zugute, die sind nun größer. Das bedeutet eine bessere Sicht nach außen und mehr Platz über den Köpfen. Dennoch kommt ein normal großer Reisender immer noch gut an die Servicesets heran. Das wichtigste Merkmal des höheren C12 HD aber ist der Mittelgang, der angehoben wurde. Das Ergebnis ist ein durchgängig ebener Boden. Und der schafft neue Möglichkeiten. So befinden sich in der Gerippestruktur neben den serienmäßigen Aufnahmeschienen für die Zwei plus Zwei-Bestuhlung bereits Aufnahmepunkte für weitere Bestuhlungsvarianten wie zum Beispiel Zwei plus Eins-Bestuhlung. Davon abgesehen, eignen sich Busse mit ebenem Boden ohnehin für ungewöhnliche oder exklusive Ausbauten. Sei es die Realisierung eines VIP-Konzepts oder eines kompromisslosen Fahrzeugs für mobilitätseingeschränkte Zielgruppen.
© Foto: Sascha Böhnke

Stehhöhe beträgt überall mindestens zwei Meter

Beim C12 HD fällt auf, dass man trotz des Mittelgangs seinen Kopf beim Laufen nicht einzuziehen braucht, denn die Stehhöhe beträgt an allen Positionen des Fahrzeuges mindestens zwei Meter. Mit den vergrößerten Fenster­flächen wanderten zudem die Gepäckablagen ein Stück nach oben. Im Heck­bereich öffnet sich dann das Dach, wie bereits von den bisherigen Viseon-Reisebussen gewohnt, zum „Open Space“. Eine Spielerei, mag manch Betrachter auf den ersten Blick meinen, doch die Praxis widerlegt solche Vermutungen, besonders, wenn sich im Heck die Küche und das WC befinden. Und dass die dorthin gehören, scheint bei einem Viseon einfach normal. Denn das hat etwas mit ganz normalem Reisekomfort für die Fahrgäste zu tun und nicht mit elitärem Luxusdenken. Und genau dieses Selbstverständnis von modernem Reisen ist es, was Viseon von so manch anderem Hersteller unterscheidet. Fahrgäste erwarten heute einfach eine Bewirtung, in der praktischen Stehküche im Heck ist nicht nur die Zubereitung von Getränken und Speisen wesentlich einfacher als im schmalen Bereich des Mitteleinstiegs, auch die Bereitstellung der Getränke ist aufgrund der für eine Busküche enormen Platzverhältnisse ein Leichtes. Beim Nachttest fiel zudem auf, dass auch an unscheinbare Details gedacht wurde. So befinden sich in den Handläufen der Küche kleine LED-Lampen, die die ausziehbaren Schubladen beleuchten. So etwas bemerkt man kaum und doch ist es ein weiteres Puzzleteil im großen perfekten Ganzen. Dazu gehört auch, dass jeder Raum genutzt wird, wie beispielsweise der Platz unter den Sitzen an der Hecktür. Hier haben die Entwickler ein großzügiges Schubfach untergebracht. Insgesamt macht der Fahrgastraum einen ausgereiften Eindruck. Mag sein, dass dem einen oder anderen die gediegene Eleganz einer TopClass oder ­eines Starliners fehlt, doch der Komfort- und Luxusgedanke bei Viseon geht eher in die praktische Richtung. Der C12 HD ist kein Blender. Das begreift, wer einmal unter das extravagante Designkleid schaut. Der Bus stammt wie seine Brüder aus dem Modulbaukasten. Bei dem einen Bus wird etwas mehr Überhang gegeben, beim anderen wächst der Bereich zwischen den Achsen – kein Wunder also, dass dieser Bus bis zur Fensterbrüstung exakt die gleiche selbsttragende Karosserie besitzt wie der C10, C11 oder C13. Das ist klug gedacht, denn dadurch reduzieren sich Fertigungs- und Erstatzteilkosten. Die selbsttragende Karosserie ist gefertigt mit einem Gitterrohrrahmen in Ringspantentechnik, was die Festigkeit und die Überroll­sicherheit entscheidend erhöht. Das gesamte Stahlrohrgerippe ist dabei mit einer KTL-Beschichtung gegen Korrosion geschützt. Viseon ist von dieser Maßnahme derart überzeugt, dass es eine sechsjährige Garantie gegen Durchrostung gibt.
© Foto: Sascha Böhnke

Mit den neuen ZF Achsen hält ESP Einzug bei Viseon

Angetrieben wurde der Testbus von einem MAN D26, der 440 PS leistete. Das ist ordentlich und absolut ausreichend, auch wenn das Gelände schwieriger wird. Eine ausgezeichnete Figur machte zudem das bei diesem Motor serienmäßige automatisierte Getriebe ZF AS-Tronic. Hier wird deutlich, wie enorm wichtig die letztliche Abstimmung durch den Fahrzeughersteller ist. Denn von Hause aus bietet ZF nur eine Grundkonfiguration an, die zwar funktioniert, aber nicht unbedingt bei jedem Bus gleich gut. Anders beim C12 HD. Hier erfolgten die Gangwechsel sehr zügig, es gab kein Schaltruckeln, weder beim Hoch- noch beim Herunterschalten. Was auffiel, war lediglich, dass an etwas steileren Passagen die AS-Tronic Gang für Gang nach oben schaltete, was vor dem Hintergrund ein wenig störte, dass es mittlerweile auch ein gut funktionierendes automatisches Achtgang-Getriebe gibt, welches dem hohen Leistungsvermögen moderner Motoren Rechnung trägt. Nachdem die ersten Viseon-Busse noch auf MAN-Achsen unterwegs waren, hat der Hersteller längst auf die etwas leichteren ZF Achsen gewechselt. Mit diesem Wechsel hielt auch ESP bei Viseon Einzug. Das funktioniert ausgezeichnet, allerdings gelegentlich etwas „vorauseilend“. In der Praxis bedeutet das, dass das System schon vor dem Erreichen einer kritischen Situation regelnd eingreift und vom Fahrer so eine vorausschauende Fahrweise verlangt. Im Normalbetrieb ist das absolut top, beim Test auf der Lkw-Kreisbahn war es dagegen nicht möglich den Bus auf einer gleichmäßigen Geschwindigkeit bei durchgetretenem Gaspedal zu halten. Hier erfolgten ständige Regelungen. Prinzipiell ist der C12 HD mit zwei Motorisierungen erhältlich. So gibt es neben dem gefahrenen MAN D 2676 LOH 26 noch den 10,5 Liter großen MAN D2066, der 294 kW beziehungsweise 400 PS leistet. Das Drehmoment liegt hier bei 1.900 Nm, welches immer noch für den Normaleinsatz reichen sollte. Möglicherweise lässt sich damit sogar noch der Dieselverbrauch senken, zumindest zeigen das die Ergebnisse der Tests der OMNIBUSREVUE mit den entsprechenden Kraftstrang-Konfigurationen. Noch gibt es ­Viseon-Busse ausschließlich bis höchstens zur Abgasnorm EEV. Hier muss auf den Zulieferer MAN gewartet werden, doch in ein paar Monaten dürfte hier Klarheit herrschen. Für den Fahrer ändert sich mit dem C12 HD im Wesentlichen nicht viel. Er profitiert von einem recht ausgereiften Arbeitsplatz. Negativ fiel während der Testfahrt höchstens der zu gering auflösende Bildschirm des wiederum tollen Navigationssystems von Axion auf sowie zu weit oben angebrachte Spiegel zur Fahrgastraumbeobachtung. Doch bei letzterem Kritikpunkt ist Viseon ja bekanntlich nicht als Einziger unterwegs. Es gibt, wie heute üblich, ein farbiges Zentraldisplay. Das fällt erst einmal durch seine ganz eigene rote Färbung auf, kann aber letztlich durch eine gute Funktionalität überzeugen. Interessant: Das Lenkrad ist zum Lenken da und zu sonst nichts. Wo andere Hersteller immer mehr Funktionen auf dem Lenkrad ­integrieren, gibt es bei Viseon nichts. Insgesamt machte der Bus auch in sonst schwierigen Details seine Sache gut. Mehr Bus auf zwei Achsen scheint nach diesem Auftritt kaum noch möglich. Unser Urteil: Der Viseon C12 HD ist ein Bus für alle, die einen echten Hochdecker auf zwei Achsen benötigen und dabei nicht nur Standardkost möchten. Mit dem C12 HD holt sich der Unternehmer ein Fahrzeug auf den Hof, dem man die enorme Buserfahrung seiner Schöpfer anmerkt und der konsequent auf Praxistauglichkeit ausgelegt ist. Sicherlich ist in Sachen Gewicht nicht mehr viel Luft vorhanden, knapp 3,80 Meter Höhe haben halt ihren Preis. Dass es aber dennoch sinnvoll machbar ist, zeigt Viseon eindrucksvoll. Ausgezeichnet ist die gesamte Kraftstrang-Abstimmung. Die ZF-Achsen in Verbindung mit dem starken MAN-Motor und einer perfekt an den Bus angepassten AS-Tronic sorgen für einen hohen Fahrkomfort. Heckküche und Heck-WC sollten eigentlich zum Standard erklärt werden, praktischer und bequemer für die Fahrgäste geht es kaum. (sab)
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