Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Branchenverband hat den Modernisierungsansatz, den die Bundesregierung bei der Fachkräfteeinwanderung verfolgt, begrüßt. Das vom Kabinett verabschiedete Eckpunktepapier sei „ein Schritt nach vorn und kommt keinen Tag zu spät“, sagte VDV-Vizepräsident Werner Overkamp, der betonte: „Jetzt kommt es natürlich auf die Ausgestaltung an, denn wir brauchen bei den Bus- und Bahnunternehmen alle helfenden Hände und klugen Köpfe.“
Die Bundesregierung setzt in ihren Eckpunkten auf eine Säulensystematik aus „Fachkräften“, „Erfahrung“ und „Potenzial“. Fachkräfte sollen demnach nicht nur in dem Bereich arbeiten dürfen, für den sie eine Qualifikation haben, sie dürfen auch dann einreisen, wenn sie – auch ohne Abschluss – Berufserfahrung haben. Zudem sollen Nicht-EU-Migranten grundsätzlich Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, wenn sie maßgebliche Kriterien – Qualifikation, Sprache, Berufserfahrung – in einem Punktesystem erfüllen. Der VDV sorgt sich allerdings um den formulierten Finanzierungsvorbehalt. Ohne zusätzliche Mittel können die Maßnahmen, die zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, nur umgesetzt werden, wenn sie in den Ressort-Einzelplänen gegenfinanziert werden.
Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt vereinfachen
Die Eckpunkte sollen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt vereinfachen. „Erstens, die sogenannte BlueCard wird geöffnet für beruflich ausgebildete Erwerbsmigrantinnen und -migranten – bislang lag der Fokus allein auf Akademikerinnen und Akademikern. Zweitens, die Einreise ist nun für Fachkräfte mit Abschluss und Berufserfahrung ohne langwieriges formales Anerkennungsverfahren für die Aufnahme von Tätigkeiten in nicht reglementierten Berufen möglich. Drittens können gemäß Papier auch diejenigen nach Deutschland einreisen, die eine Berufsausbildung in einem Unternehmen absolvieren. Werner Overkamp: „Ich möchte hervorheben, dass die Unternehmen endlich einen größeren Entscheidungs- und Handlungsspielraum erhalten, unter anderem im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft mit Erwerbsmigranten, die eine qualifizierte Beschäftigung und ein paralleles Anerkennungsverfahren ermöglicht.“
Für den öffentlichen Verkehr sind Sprachkenntnisse eine „Schlüsselkompetenz“, so der VDV. Sprachförderung sei „daher gut investiertes Geld“, sagte Overkamp. „Diejenigen, die fragen, wozu das Fahrpersonal oder die Kolleginnen und Kollegen in betrieblichen Funktionen überhaupt gut Deutsch sprechen muss, sage ich: Im Regelbetrieb wäre es schön, wenn die eine oder andere Service-Ansprache oder Hilfestellung auf Deutsch ergeht. Doch wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, ein Notfall, Unfall, eine Verletzung ist Deutsch unabdingbar: Hier brauchen wir die Level B1 und B2 sowie im Level C für höher Qualifizierte. Hier geht es um Qualität: Wir können auf diese wichtige Kommunikation mit den Fahrgästen, Betriebsleitzentralen und innerhalb des Unternehmens nicht verzichten.“ Der VDV drängt darauf, hierfür die entsprechenden Finanzmittel und Ausbildungsstrukturen bereitzustellen.
Noch mehr auf Frauen und Quereinsteiger setzen
Mit der sogenannten „Chancenkarte” ist eine Einreise auch ohne konkretes Arbeitsangebot möglich, sofern verschiedene Kriterien erfüllt sind, beispielsweise „Hochschulabschluss oder berufliche Qualifikation“, „früherer Aufenthalt in Deutschland“ und „Alter unter 35 Jahren“. Werner Overkamp: „Wir haben uns in unseren Stellungnahmen dafür eingesetzt, dass das gesamte formale Integrationsverfahren entbürokratisiert wird. Ordnung und Regeln müssen sein, doch das ‚Transparente Verwaltungsverfahren‘ könnte zu einer spürbaren Entlastung führen. Damit beginnt die Integration in das berufliche und soziale System in Deutschland“, sagte Overkamp.
Die in den verschiedenen Gesetzen notwendigen Änderungen sollen Anfang 2023 im Bundeskabinett beschlossen werden. Ab Frühjahr soll das novellierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz umgesetzt werden. „Klar ist für die Branche auch, dass wir uns auf dem inländischen Arbeitsmarkt noch stärker positionieren müssen – auch mit der VDV-Arbeitgeberinitiative – und noch stärker das Potenzial heben, was da ist. Dazu müssen wir unsere Personalabteilungen stärken, Anzeigen auf Englisch schalten, noch mehr auf Frauen und Quereinsteiger setzen. Wir müssen alle Register ziehen und doch wird das nicht reichen“, sagte Overkamp abschließend.