Wie der Landesverband Hessischer Busunternehmen (LHO) bei seiner Mitgliederversammlung am vergangenen Freitag in Hanau mitteilte, gibt es nicht mehr genügend Fahrer, um über die Strecken im Linien- und Schulbusverkehr hinaus auch die Kundennachfrage bedienen und Wachstumsimpulse nutzen zu können.
„Der Bustourismus zieht wieder spürbar an – viele Reisen sind ausgebucht“, sagte der LHO-Verbandsvorsitzende Karl Reinhard Wissmüller. „Für zusätzliche Reiseangebote fehlt vielen Betrieben aber leider Fahrpersonal. Die meisten Unternehmer sind froh, wenn es gelingt, die Aufträge im Linienverkehr zuverlässig auf den Weg bringen zu können.“ Das Problem spitze sich jedoch noch zu. „Wenn wir nicht mehr Menschen motivieren können, im Bundesland Hessen Busse zu steuern, wird das die Verkehrswende gefährden – oder zumindest bremsen.“
Ohne zusätzliches Personal müssten Fahrpläne ausgedünnt werden, statt an Attraktivität zu gewinnen. Dies entspräche dann auch in Hessen der bereits gängigen Praxis in Teilen von Baden-Württemberg und Bayern, wo sogar schon Schulbusverträge gekündigt wurden, weil das Fahrpersonal fehlt. Nach Einschätzung des LHO steht selbiges auch in Hessen bevor, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung.
Dass zu wenig Berufsnachwuchs zur Verfügung steht, sieht der LBO aber auch in den finanziellen Gegebenheiten rund um die Fahrpersonal-Ausbildung begründet. „Zu wenig junge Beschäftigte kommen nach, was nicht zuletzt an der teuren Führerscheinausbildung und Grundqualifikation liegt“, sagte Wissmüller. „In Deutschland führen die vielen Pflichtstunden und die zusätzliche Berufskraftfahrer-Qualifikation im europäischen Vergleich zu einer besonders langen und teuren Ausbildung – bis zu 244 Pflichtstunden und 10.000 Euro Kosten.“ Der LBO fordert deshalb eine Reduzierung der Pflichtfahrstunden innerhalb der Ausbildung und die Integration der beiden Ausbildungsbestandteile. „Selbstverständlich müssen für das Fahrpersonal hohe Qualitätsanforderungen eingehalten werden, doch die finanzielle Hürde für den Einstieg in den Beruf muss sinken.“ Zudem müssten Führerscheine und Qualifikationen von Nicht-EU-Bürgern schneller anerkannt werden, so Udo Diehl, gerade wiedergewählter Stellvertreter des Verbandsvorsitzenden. Diehl verwies explizit auf Busfahrerinnen aus der Ukraine – seit Sommer seien in der Ukraine ausgestellte Führerscheine in Deutschland generell anerkannt. Doch auch vier Monate nach Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung gebe es nach wie vor keine Informationen darüber, wie die Berufskraftfahrer-Qualifikation anerkannt werde: „Ukrainische Busfahrerinnen und Busfahrer können hier also mit einem leeren Bus fahren, dürfen aber keine Fahrgäste befördern. So bekommen wir die Probleme beim Fahrpersonal nicht in den Griff.“
ÖPNV-Versorgungssicherheit gefährdet – trotz Image-Kampagnen
Trotz Lohnerhöhungen, verstärkter Nachwuchs-Werbung und der Tatsache, dass Busunternehmen auch mit Blick auf die Verkehrswende durchaus zukunftssichere Arbeitsplätze bieten könnten, gestalte sich die Situation derzeit prekär. Daher hat der LHO mit dem Bundesverband bdo die Kampagne „Wir fahren. Und bewegen was ...“ gestartet. Sie setzt auch auf das Vertrauen, das Busfahrer in der Bevölkerung genießen. „Die Piloten der Straße liegen einer Umfrage zufolge noch vor Polizisten und Landwirten in der Spitzengruppe der Berufe, denen die Deutschen vertrauen“, sagt Wissmüller anerkennend. Wie beim sich zuspitzenden Mangel an qualifizierten LKW-Fahrern in der Logistikbranche warnt auch die Busbranche vor Gefahren für die Versorgungssicherheit.