Der Busfahrer war bei einem privaten Busunternehmen angestellt, das als Subunternehmerin für ein Unternehmen tätig war, das wiederum von einer Verkehrsgesellschaft beauftragt worden war. In dessen Netz war der Busfahrer im Einsatz, als er von einem Fahrgast bei der Handynutzung am Steuer gefilmt wurde, was dieser prompt an die Verkehrsgesellschaft weiterleitete. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Die Verkehrsgesellschaft sperrte den Busfahrer für die Zukunft auf allen ihren Linien. Das als Sub-Sub-Unternehmen tätige private Busunternehmen kündigte ihm daraufhin wegen der Sperre fristlos. Gegen die lebenslange Sperre klagte der Busfahrer vor dem Landgericht Köln.
Er argumentierte, die Verkehrsgesellschaft missbrauche durch die zeitlich unbefristete Sperre ihre Marktmacht. Er finde in erreichbarer Entfernung von seinem Wohnort keine Anstellung mehr als Busfahrer im Liniennahverkehr, da sie als marktbeherrschendes Unternehmen weitgehend das gesamte Nahverkehrs-Busnetz, teilweise auch darüber hinaus, betreibe. Er fand die ausgesprochene Sperre zudem unverhältnismäßig, da die Straßenverkehrsordnung bei einer verbotenen, selbst gefährdenden Handynutzung allenfalls ein Fahrverbot von drei Monaten vorsehe.
Die beklagte Verkehrsgesellschaft hingegen hatte auf die Gefährlichkeit der Handynutzung im Straßenverkehr verwiesen und die unbefristete Sperre für sachgerecht gehalten. Sie habe keine marktbeherrschende Stellung. Vielmehr könne der Busfahrer bundesweit tätig sein und auch im Busfernverkehr, Fernreise-, Tourismus- oder Schülerverkehr fahren.
OLG Düsseldorf kassiert das Urteil vom LG Köln
Das Landgericht Köln hatte der Klage am 27. Oktober 2022 teilweise stattgegeben und eine fünfjährige Sperre für ausreichend gehalten (Aktenzeichen: 33 O 209/22). Auf die hiergegen eingelegten Berufungen beider Parteien hat der 6. Kartellsenat des OLG Düsseldorf das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und das Verkehrsunternehmen antragsgemäß verurteilt, die Sperre für den Einsatz auf dessen Linien aufzuheben. Die lebenslange Sperre sei - so der Senat - ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Sie habe in dem räumlich und sachlich relevanten Markt für Busfahrer im ÖPNV eine marktbeherrschende Stellung.
Sowohl die lebenslange Sperrung als auch die vom Landgericht als angemessen angesehene Dauer der Sperrung von fünf Jahren behinderten den Kläger auf diesem Markt unbillig. Das Verhalten des Busfahrers sei nicht so schwerwiegend, dass eine lebenslange oder selbst eine Sperre von fünf Jahren gerechtfertigt seien, obwohl das OLG Düsseldorf die Benutzung des Handys während der Fahrt als einen erheblichen Verkehrs- und Pflichtenverstoß nicht in Abrede stellte.
Abmahnung statt Sperre wäre in Betracht gekommen
Eine verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt führe nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung selbst in besonders schwerwiegenden Fällen zudem nur zu einem mehrmonatigen, nicht aber zu einem lebenslangen oder mehrjährigen Fahrverbot. Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen wäre voraussichtlich nur eine Abmahnung in Betracht gekommen. Das Urteil ist rechtskräftig.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. August 2023, Az.VI-6 U 1/23