Mit der Warnung vor Preissteigerungen und einem drohenden Aus des Deutschlandtickets verstärken die Länder den Druck auf den Bund, weitere Finanzzusagen zu machen. Die Verkehrsministerinnen und -minister der Länder forderten den Bund nach einer Sonderkonferenz auf, sich auch an den Mehrkosten des Tickets bis einschließlich 2025 zur Hälfte zu beteiligen.
Ohne die Bereitschaft des Bundes, ausreichende Mittel schon 2024 bereitzustellen, wäre schon kommendes Jahr eine „deutliche Preissteigerung“ erforderlich, hieß es in einem einstimmig angenommenen Beschluss der Länderverkehrsminister. Entscheidungen müssten noch im Oktober getroffen werden. Ohne ein zügiges Bekenntnis des Bundes „ist und bleibt die Fortführung des Deutschlandtickets ab dem Jahr 2024 ernsthaft gefährdet“, hieß es.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte neue Gespräche mit den Ländern über zusätzliche Bundesgelder für das Deutschlandticket abgelehnt. Die Teilnahme an der digitalen Sonderkonferenz hatte er abgesagt. Sein Ministerium war durch zwei Abteilungsleiter bei der Runde vertreten. „Die Bereitschaft war noch nicht da, über Finanzfragen tiefergehend Einigung zu erzielen“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) als aktueller Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz (VMK) anschließend.
„Wir haben die Hand ausgestreckt und unsere Bereitschaft deutlich gemacht, die Erfolgsstory Deutschlandticket fortzusetzen.“ Es bestehe dringender zeitlicher Handlungsdruck. Die Länder hofften nun auf einen Austausch und eine Klärung bei der nächsten regulären Verkehrsministerkonferenz am 11. und 12. Oktober in Köln.
Wissing hatte dagegen in der NTV-Sendung „Frühstart“ gesagt, Finanzfragen seien bis 2025 im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz geklärt worden, verbunden auch mit der Vereinbarung, 2025 über weitere Finanzierung und Struktur des Deutschlandtickets zu sprechen. „Und jetzt haben wir 2023.“
Deutschlandticket kostet Milliarden
Bund und Länder schießen bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu. Umstritten sind aber die möglichen Mehrkosten des Tickets. Im ersten Jahr sollen die Mehrkosten noch zur Hälfte geteilt werden – diese Nachschusspflicht aber ist ab 2024 offen.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen rechnet mit Mehrkosten für das Deutschlandticket in Höhe von 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2024. Die Länder erklärten sich bereit, die Mehrkosten auch 2024 und 2025 hälftig zu zahlen. Der Bund müsse sich gleichermaßen dazu verpflichten.
„Alle 16 Länder waren sich heute einig, dass wir das Deutschlandticket fortsetzen wollen“, sagte der brandenburgische Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU). „Das Einzige, was uns fehlt, ist das Bekenntnis des Bundes“, so Beermannn. „Wenn wir hier zu keiner guten Lösung kommen, dann steht die Weiterführung des Deutschlandtickets in Frage.“
Die saarländische Umwelt- und Mobilitätsministerin Petra Berg sagte, es gehe nach der erfolgreichen Einführung nun darum, das Deutschlandticket am Markt zu etablieren. Je attraktiver das Ticket werde, umso höher würden auch die Einnahmen und umso geringer die Verluste.
Deutliche Kritik am Verhaltend es Bundesverkehrsministers
Bayerns Verkehrsminister Bernreiter (CSU) hatte nach der Konferenz von einer Blockadehaltung des Bundes bei Finanzierung des Deutschlandtickets gesprochen. „Das Vorgehen von Bundesverkehrsminister Wissing ist absolut unverständlich. Wir brauchen keine Belehrungen zur Struktur des ÖPNV via Fernsehinterview. Er macht es sich, wie so oft, sehr leicht und zeigt einfach mit dem Finger auf die Länder. Im Gegensatz zum Bund haben wir aber schon zugesagt, die Hälfte der Mehrkosten für das Deutschlandticket zu tragen“, sagte Bernreiter.
Bundesverkehrsminister Wissing verweigere dazu jede Diskussion und habe die Chance auf eine Einigung wieder nicht genutzt. „Das ist nicht akzeptabel und eine sehr schlechte Nachricht für die Fahrgäste und die Verkehrsunternehmen“, sagte Bernreiter, der betonte: „Im Grunde ist es eine Haltungsfrage: Das Deutschlandticket war eine Idee des Bundes. Es wäre fatal, wenn er sich nach dem riesigen Aufwand zigtausender Beteiligter nun einen schlanken Fuß macht und das Ticket deutlich teurer wird. Die Zeit drängt und wir brauchen endlich Klarheit für die Zukunft des Deutschlandtickets.“
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) schlug in dieselbe Kerbe: „Die Verkehrsministerkonferenz stellt Länder- und parteiübergreifend klar, das 49-Euro-Ticket haben Bund und Länder gemeinsam gewollt. Deshalb ist es selbstverständlich und fair, es konsequent hälftig zu finanzieren.“ Dies müsse nun die Ministerpräsidentenkonferenz der Bundesregierung „unmissverständlich klar mache“, sagte Hermann. Auf den Bundesverkehrsminister könnten „die Länder nicht vertrauen“, so der Landesminister: „Er gibt gerne an, das Deutschlandticket sei sein Produkt, bei der dauerhaften fairen Finanzierung drückt er die Kostenrisiken jedoch auf die Länder ab, als hätte er mit dem Ticket nichts zu tun.“