OR-Redakteur Sascha Böhnke hat sich diesmal mit Stefan Lösel getroffen, dem Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim. Kennengelernt hatten sich die beiden erst kürzlich auf der „Elekbu“, für Stefan Lösel eine Art „Must Visit“ unter den Busmessen. Ganz ursprünglich Umweltingenieur hat Lösel erst 2008 ins Busgeschäft gefunden, just zu einer Zeit, als das Thema Elektrobusse die Kinderschuhe noch nicht mal vor dem Bettchen stehen hatte. Mittlerweile hat Lösel dafür gesorgt, dass Ludwigslust-Parchim locker 25 Prozent seiner Flotte auf Elektrobusse umgestellt hat. Wie sich das rechnet und wann mit Elektrifizierung sogar Geld verdient werden kann, wird im BUSTROMMEL Podcast verraten.
Die Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim gehört zu den ganz großen Playern am Markt. Sie bedient ein Einzugsgebiet, das größer ist als Hamburg, Berlin, Bremen und das Saarland zusammen, das aber nur 200.000 Einwohner hat. 45 pro Quadratkilometer, genau gesagt. Was enorme Schwierigkeiten mit sich bringt bei der ÖPNV-Versorgung der Menschen im Land. Früher gab es Dörfer, die nur einmal pro Woche von einem Bus angefahren wurden. Die Lücke wurde mit Rufbussen geschlossen. Bei der Erarbeitung der Strategie wurden die Menschen im Land aktiv mit einbezogen – die Rufbusse haben sie sich gewünscht, und entsprechend gern fahren sie bis heute mit. Die Auslastung ist so gut, dass das gesamte Einzugsgebiet mit Rufbussen an den ÖPNV angeschlossen wird.
Das zweite große Standbein der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim sind Schülerverkehre. Und hier setzt Stefan Lösels Elektrifizierungsstrategie an. Er sagt, dass ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Schulkinder nicht länger als eine Stunde im Bus sitzen dürfen – was zum einen bedeutet, dass man im Schülerverkehr gar nicht auf so enorme Reichweiten kommen muss, wie sie für den Überlandverkehr oft gefordert werden. Außerdem haben Schulbusse ziemlich lange Pause, ehe es daran geht, die Kinder wieder nach Hause zu bringen. Entsprechend unkompliziert kann geladen werden.
Für Ludwigslust-Parchim hat Lösel daher vergleichsweise bescheidene Ansprüche gehabt, als er 2021 die ersten Elektrobusse anschaffte. 200 Kilometer garantierte Reichweite sollten die Fahrzeuge haben und Batterien, die nicht schnellladefähig, aber langlebig sein mussten. Evobus gewann die entsprechende Ausstattung und lieferte E-Citaros, deren Nutzungsdauer auf 15 Jahre ausgelegt ist – so lange stehen Busse bei den Verkehrsbetrieben Ludwigslust-Parchim im Dienst, ohne dass Batteriewechsel und ähnliches geplant ist. Die Ladeinfrastruktur einzurichten, gestaltete sich erstaunlich unkompliziert.
Der eigentliche Clou ist aber die Strombeschaffung, über die Stefan Lösel im Podcast viel Nachahmenswertes berichtet. Tatsächlich hat man es in Ludwigslust-Parchim geschafft, im Jahr 2022 negative Stromkosten einzufahren. Wie das geht? Indem man Strom nicht pauschal einkauft, sondern im Voraus und in Abstimmung mit Haupt-Stromproduktionszeiten. Derzeit kauft Lösel eine Woche im Voraus den Strom für seine Busse, ab 1.1.2024 wird der Einkauf umgestellt auf den Folgetag. Strompreisbremsen oder Dieselpreise interessieren Lösel immer weniger.
ABER: Elektrobusse sind noch immer so teuer, dass die Mehrkosten durch Einsparungen im Betrieb nicht ausgeglichen werden können. Außer: Man erhält Fördergelder und rechnet diese in alle Kosten mit ein. Und macht sich mit dem Treibhausgasqoutenhandel vertraut. Dadurch hat Lösel pro Elektrobus im Fuhrpark (insgesamt 45 Fahrzeuge) im Jahr 2022 stolze 14.000 Euro generiert.
Wer sich für die Details interessiert und darüber hinaus noch mehr erfahren möchte, holt sich die BUSTROMMEL auf die Ohren. Unsere Mai-Ausgabe ist etwas länger geworden als sonst – aber jede Minute lohnt!