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LHO: Fachkräftemangel gefährdet Verkehrswende

11.12.2023 08:45 Uhr | Lesezeit: 2 min
KVG
Ein Bus der KVG an der Haltestelle „Gobietstraße“ in Waldau
© Foto: KVG

Der öffentliche Nahverkehr ist in einem Dilemma: Einerseits soll das Angebot ausgebaut werden, andererseits fehlen schon heute massenweise Fahrer. Nach Angaben des Landesverbands Hessischer Omnibusunternehmen sind rund zehn Prozent der Stellen unbesetzt, hessenweit rund 1.000 allein auf der Straße.

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Wegen Personalmangels hat unter anderem die Stadt Frankfurt angekündigt, das Angebot von Bussen, Bahnen und Trams auszudünnen. Volker Tuchan, Geschäftsführer des Landesverbands Hessischer Omnibusunternehmen mit Sitz in Gießen fürchtet, dass weitere Städte und Kreise folgen könnten. Auf dem Land wäre das besonders schmerzhaft: "Wenn in der Stadt der Bus alle zwölf statt alle zehn Minuten kommt, ist das etwas anderes, als wenn ein Bus gestrichen wird, der einmal die Stunde fährt."

Hauptgrund für den Personalmangel sei der allgemeine Fachkräftemangel, sagte Tuchan: "Der Markt ist europaweit leergefegt." Eine Hürde für Neueinsteiger seien auch die hohen Kosten für den Führerscheinerwerb und die nötigen Qualifikationen, die bis zu 10.000 Euro betragen können. Und nicht jeder komme damit zurecht, auch nachts und am Wochenende arbeiten zu müssen. Dass die freien Stellen schnell nachbesetzt werden können, erwartet Tuchan nicht.


Ruhestand wird Situation verschärfen

Vermutlich werde die Lage sich verschärfen, wenn die vielen älteren Fahrer in einigen Jahren gleichzeitig ausscheiden. Um gegenzusteuern, wünscht sich Tuchan, dass die Zuwanderung von außerhalb der EU erleichtert wird, und dass die Kosten für die Ausbildung sinken.Nach Informationen des Bundesverbandes Schienennahverkehr (BSN), dem auch die beiden großen hessischen Nahverkehrsverbünde RMV und NVV angehören, fehlen den Mitgliedsunternehmen deutschlandweit rund 1.700 Fahrer. Auch BSN-Präsident Thomas Prechtl würde sich nicht wundern, wenn bald flächendeckend das Angebot eingedampft werden müsste. "Wenn es nicht schnellstmöglich gelingt, ausreichend Personal für den Beruf des Triebfahrzeugführenden zu gewinnen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass anstelle der heutigen einzelnen personalbedingten Ausfälle das Angebot «planmäßig» um mehr als fünf Prozent reduziert werden muss", sagte er im November. Keine gute Idee wäre es aus Sicht des BSN, zu versuchen, den Beruf attraktiver zu machen, indem man die Arbeitszeit reduzieren würde: "Eine Absenkung der Wochenarbeitszeit würde zu einem noch höheren Bedarf an Fahrpersonal führen und somit das Risiko steigen lassen, dass künftig weniger statt mehr Züge verkehren."

Entspannte Personallage bei Bussen in Ost- und Mittelhessen

In dem von den Stadtwerken Gießen und deren Tochter Mit.Bus GmbH betriebenen öffentlichen Nahverkehr sind derzeit bei rund 170 Beschäftigten zwei Busfahrer-Stellen offen, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. "Ja, die Jahreszeit hat Einfluss auf die Personaldecke", erklärte der Sprecher, machte aber keine konkreteren Angaben. Auch in Gießen würden die Fahrpläne im Dezember umgestellt, das dann gültige Angebot könne durch das vorhandene Personal abgedeckt werden. "Aktuell gibt es bei uns keine Fahrtausfälle wegen Personalmangels", so der Sprecher."Den Busgesellschaften der RhönEnergie Gruppe fehlt kein Personal", teilte ein Sprecher mit. Für sie seien 350 Fahrer mit 226 Bussen in den Landkreisen Fulda, Hersfeld-Rotenburg und Main-Kinzig im Einsatz. Das sei eine ausreichende Zahl an Fahrern. Alle Buslinien würden in der bisherigen, gewohnten Taktung bedient, Änderungen daran seien weder nötig noch geplant. "Auch für uns ist es zwar mit mehr Aufwand als früher verbunden, qualifizierte Mitarbeiter für uns zu gewinnen, aber bisher ist uns das immer gelungen - auch deshalb, weil wir in der Region als attraktiver Arbeitgeber gelten", erläuterte der Sprecher.Die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) verzeichnet nach eigenen Angaben deutlich erhöhte Krankenquoten unter dem Fahrpersonal und in anderen Bereichen. Dienste könnten daher nicht oder nur sehr erschwert besetzt werden. "Wir mussten die Fahrpläne einiger Linien bereits im vorigen Jahr mehrmals reduzieren und auch aktuell können wir leider keine 100-Prozent-Kapazität anbieten», erläuterte eine Sprecherin. Allerdings gelange jeder Fahrgast nach wie vor an sein Ziel, wenn auch durch die Wahl einer anderen Linie. «Wir versuchen aktuell, eine weitere Fahrplananpassung zu vermeiden." Die KVG begegne dem Problem mit verschiedenen Akquisemaßnahmen und Initiativen, erklärte das Unternehmen. Eine neue Betriebsvereinbarung beispielsweise umfasse die Zahlung einer Zulage nach Unternehmenszugehörigkeit, verlängerte Pausenzeiten sowie die Bezahlung von Wege- und Umkleidezeiten.

Wiesbaden lockt Busfahrer-Azubis mit Prämie

Die Wiesbadener ESWE Verkehrsgesellschaft sucht derzeit mit der Kampagne "Alltagshelden" neue Busfahrer. "Wir haben eine eigene Fahrschule und bieten von Herbst 2024 an zudem den Ausbildungsberuf Fachkraft im Fahrbetrieb an", teilte ein Sprecher mit. Mögliche Azubis werden mit allerlei Extras gelockt. In der Jobanzeige heißt es unter anderem, dass der Führerschein für Auto und Bus finanziert wird. Daneben gibt es ein Jobticket und 400 Euro Prämie nach einem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung. Außerdem bekommen die angehenden Busfahrer einen Zuschuss für den Besuch im Fitnessstudio.Der Fahrgastverband Pro Bahn Hessen sieht einen verbreiteten Personalmangel bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die Gründe dafür haben nach Ansicht von Sprecher Klaus Zecher eine längere Geschichte. So setzten sich bei Ausschreibungen die Verkehrsunternehmen durch, die das günstigste Angebot machten. Beim Personal und der Ausbildung sei gespart worden. Beim bestehenden Personal gebe es hohe Belastungen. Oftmals gebe es kurzfristige Verschiebungen bei den Arbeitszeiten, die Freizeit werde dadurch schwer planbar. "Das führt zu einem erhöhten Krankenstand", sagte Zecher. Zudem komme es angesichts der Arbeitsbedingungen auch zu Abgängen von Fachkräften, fügte er hinzu. Um dem Personalmangel mittel- und längerfristig entgegenzuwirken, sind nach Ansicht von Pro Bahn qualifizierte Ausbildungen und gute Sozialstandards notwendig, die in Ausschreibungen verankert werden.

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